London Marathon 26.04.09

Soso, die Briten! Das hätte ich nun nicht gedacht... Na ja, dieser Lauf war eben anders, als ich mit vorgestellt hatte. In jeder Hinsicht!

 

In der Vorbereitung war ich den Berliner Halbmarathon und 3x 30km gelaufen. Den dritten und schnellsten 30km-Lauf 14 Tage vor dem Marathon. Außerdem gab es wie immer Tempotraining auf der Bahn, das ich 18 Tage vor dem Lauf abgeschlossen hatte. Zu zeitig mit der gezielten Vorbereitung aufgehört? Bernd konnte leider fast gar nicht trainieren, er hatte Probleme an der Hüfte. Ein kurz vor dem Marathon durchgeführtes MRT ergab zum Glück grünes Licht auch für ihn.

 

Die Start-Nummern hatten wir innerhalb einer Pauschalreise mit Interair bekommen - für Ausländer die einzige reale Möglichkeit. Die Startnummern für die Briten werden zum Teil verlost, die meisten aber über wohltätige Organisationen vergeben. Die darüber teilnehmenden Läufer müssen einen bestimmten Geldbetrag für ihre Organisation einsammeln. Viele starten dafür in auffälligen Kostümen. Bei der Verlosung 2008 hatten wohl jedenfalls 2 (!) Deutsche Glück, die anderen der nur 313 Startnummern für Deutsche kamen über Reiseveranstalter.

 

Wir landeten am Freitag morgen in London und konnten, als wir gegen Mittag am Hotel ankamen, auch gleich das Zimmer beziehen. Wir besichtigten dann erst einmal Westminster und den Zieleinlauf am Buckingham Palace, dann die Gegend um den Picadilly Circus und waren am Ende ganz schön fußlahm. Für Bernd war das die erste größere Belastung der Laufwerkzeuge seit Wochen!

 

Am Abend fand im Hotel ein Willkommenstreffen statt, bei dem es nochmal viele Infos rund um den Marathon gab. Den angebotenen Traningslauf am Samstag Morgen liessen wir ausfallen und frühstückten lieber ausgiebig. Danach gab es eine dreistündige Stadtrundfahrt mit vielen Informationen von einer temperamentvollen Reiseleiterin, die selbst schon in London gelaufen war. Aussteigen an der Marathon-Messe Excel im Osten Londons, um die Startnummer abzuholen. Obwohl wir sicher zu einer sehr beliebten Zeit dort waren - Samstag gegen 13:30h, gab es kein Gedrängel und fast kein Anstehen. Toll organisiert! Zurück im Hotel haben wir uns nur noch ausgeruht und für den morgigen Tag alles vorbereitet..

 

Der Interair-Bus zum Startbereich fuhr um 7:01h ab. Es war angekündigt, dass der Bus nicht auf verspätete Läufer warten würde - und es fehlten dann wohl tatsächlich 4 Läufer!

 

Der Bus benötigte etwa eine Stunde bis zum Startbereich in Greenwich im Osten Londons und fuhr dabei einen Teil der Marathonstrecke entlang. In London ist der Start in drei Bereiche aufgeteilt (rot, grün, blau). Anders als in New York ist das Wechseln in einen anderen Bereich nicht möglich. Ausländer und Elite-Läufer starten vom blauen Startbereich aus. Bei dem Startbereich handelte es sich um eine riesige Wiese ohne Baum und Strauch. An drei Seiten waren die Kleider-LKW und Toiletten aufgebaut. An der vierten Seite waren die Startblöcke. Es war herrliches Wetter, Sonne und kein Wind und alle lagerten auf der Wiese. Es gab Wasser, Lucozade (Iso-Getränk), Kaffee und Tee und auf der großen Leinwand konnten wir den Start der Elite-Frauen, die 45 min vor den anderen starteten, verfolgen. Herrlich! Wenn es allerdings einmal regnen sollte, ist der Aufenthalt dort sicher nicht angenehm.

 

Bald nach dem Start der Elite-Frauen brachten wir unsere Kleider-Beutel zum LKW und stellten uns bei den Toiletten an. Wir standen etwa 10 min an, dann gingen wir zum Start. Bernd und ich trennten uns hier, er war von den neun Blöcken dem Startblock 5, ich dem Startblock 8 zugeordnet. Es war aber schon 8:50h - 10 min bis zum Start  - und es gab keine Kontrollen an den Eingängen mehr. So reihte ich mich kurzerhand in den 6. Block ein. Dass der Start erfolgt war, konnten wir nur auf der Leinwand im Startbereich erkennen. Ansonsten nichts. Kein Schuß zu hören, keine Musik, keine Ansagen an die Läufer. Das ist in Berlin schöner.

 

km 1- km 10

 

Etwa neun Minuten nach dem Start lief ich über die Startlinie und stellte fest, dass ich genau im richtigen Block lief. In einem Tempo von 6:00 min/km liefen wir durch die südlich der Themse gelegenen Stadtteile Charlton und Woolwich, zuerst nach Osten, später wieder in westlicher Richtung. Das Wetter war toll, sonnig aber noch kühl, es standen auf dieser weniger interessanten Strecke schon erstaunlich viele Zuschauer und es lief sich super. Bei km 4 stießen die Läufer aus dem roten Startbereich zu uns und aus mir nicht bekannten Gründen begrüßten sich die Roten und Blauen mit lauten "Buh"-Rufen. Die Strecke führte lange Zeit leicht bergab und ich fühlte mich toll.  Bei km 10 waren wir wieder in Greenwich und liefen um das hinter einer Bretterwand verborgene Segelschiff Cutty Sark herum. Die Strecke wurde hier zum ersten, aber nicht zum letzten Mal sehr eng und man konnte zum Teil nur gehen. Na gut, ich lag ja super in der Zeit, da kann ich mich eben mal ausruhen, meinte ich. Hier war auch großer Zuschauerandrang und die Stimmung toll. 

 

Überhaupt waren die Zuschauer - die ja doch größtenteils aus Briten bestanden - die größte Überraschung für mich. Stimmung, Rufen, Anfeuern ohne Ende! Absolut vergleichbar mit New -York. Ansonsten gab es vor den Pubs einige Bands mit Livemusik, meist aber Mucke aus dem Lautsprecher. Es gab auch ein paar Trommler, aber nicht eine einzige Samba-Band und auch keine Cheerleader.

 

km 10 - km 20

 

Inzwischen lag mein Tempo bei 6:30/km, das war aber ok. Das Laufen war nun schon nicht mehr so leicht, worüber ich mich doch wunderte. Ich bin ja immer der Meinung, dass man bis zum Halbmarathon überhaupt keine Anstrengung merken sollte. Lag es an den nun wärmeren Temperaturen? An der manchmal zu engen Strecke?  Während ich grübelte, kam nun langsam der von Interair verkündete Fotopunkt bei Meile 11,5 (km 18,5) näher. Hier hieß es wachsam sein und beim Anblick der Interair-Fahne winken, was das Zeug hält. Nun war auch die Tower-Bridge nicht mehr weit, auf der wir genau bei km 20 bei fantastischer Zuschauer-Anfeuerung die Themse überquerten.

 

km 20 - km 30

 

Leider kam jetzt der Streckenabschnitt, vor dem ich mich doch gefürchtet hatte. Wir liefen nach Osten - aber das Ziel lag im Westen. Und 2,5 km lang war die Strecke eine Begegnungsstrecke, es kamen uns Läufer entgegen, die schon 14 (!) km weiter waren als wir! Die waren so viel schneller! Und mit mir gings bergab. Den Halbmarathon passierte ich zwar in passablen 2:16h, aber das lag am guten Anfangstempo. Inzwischen war ich nur noch mit 7:25 min/km unterwegs. Au wei, das ist jetzt, wo ich es schreibe, nochmal schrecklich! Woran lag es nur? Auf jeden Fall hatte ich zuviel unterwegs getrunken. Es gab an jeder Meile einen Getränkestand und obwohl ich nur jede 2.Meile (alle 3,2 km!) zum Wassergriff, war das zuviel. Ich merkte es daran, dass ich mal musste. Auch das noch. Und überall an den - oft vorhandenen - Toiletten Schlangen! Die hatten ja wohl alle zuviel getrunken! Ich suchte nun nach einem Pub, an dem es möglich war, die sehr gut abgezäunte Strecke zu verlassen. Ich fand einen und durfte dort ohne Probleme aufs Örtchen. DANKE! Die Strecke verlief nun auf der Halbinsel Isle Of Dogs und führte im Zickzack hin und her. Irgendwann war das überstanden, wir hatten den östlichsten Punkt erreicht und von nun an liefen wir nur noch aufs Ziel zu. Na ja, aber es waren immer noch 10 km zu Laufen.

 

km 30 - km 42,195

 

Mein "Tempo"? 7:40 min/km. Psst, nicht weitersagen! Jeder halbwegs trainierte Walker ist schneller. Nur - ich war von denen, die bei mir "liefen", noch mit die Schnellste! Die meisten gingen inzwischen, immer mal von einem kurzen Laufen unterbrochen. So weit ließ ich es nicht kommen - denn meine neunmalige Marathonerfahrung sagt ja: Wer einmal geht, geht immer wieder! Ich habe also meinen Tunnelblick aufgesetzt und einfach weitergemacht. An der Begegnungsstrecke war es dann aber wieder spannend- ich sah viele Kostüme, mit denen man einfach nicht schnell sein kann, ich sah Leute vor den drei Besenwagen hergehen, ich sah die Müllautos, die schon mal die Straße fegten und danach noch das höchste Kostüm aller Zeiten, das von zwei bedauernswerten Männern geschleppt wurde und ins Guinness-Buch wollte. Ob es den Marathon beendet hat?

 

Ok, am Ende der Begegnungsstrecke war km 36 erreicht. Noch eine Buga-Runde! Ich hatte zwischendurch ja erhebliche Zweifel, ob ich unter 5h ins Ziel kommen würde, aber dass ich wenigstens das schaffe, war jetzt klar. Die Strecke führte an der Themse entlang, Big Ben war bald schon zu sehen, nun konnte ich den Lauf noch genießen. Aber dass es schade ist, dass es gleich vorbei ist, nein, das dachte ich diesmal nicht.

 

Ich lief dann nach 4:55 h über die Ziellinie und war einfach nur froh. Der Zielbereich war genauso hevorragend organisiert wie der Start und ohne Verzögerung war ich den Leihchip los, hatte die Medaille, die Verpflegungstüte und meinen Kleiderbeutel. Kurze Zeit später war ich dann am Interair-Treffpunkt, wo mich ein Schreck erwartete: Bernd war noch nicht da! Zum Glück musste ich nicht lange warten, er kam 10 Minuten nach mir. Er hatte wegen einer Verletzung fast nicht trainiert und nun eine ganz neue Erfahrung gemacht: Wie es da hinten ist, wo ich immer laufe! Ich muss ihn auf der Strecke überholt haben, denn er war ja vor mir gestartet. So schade, dass wir das beide nicht gemerkt haben!

 

Wir sind dann mit dem öffentlichen Bus zum Hotel gefahren, haben geduscht und uns ausgeruht und sind dann um 20:00h zum After-Marathon-Treffen mit den Interair-Leuten in einen nahen Pub gegangen. Dort gab es ein Bierchen und wir konnten schon mal die Fotos ansehen.

 

Tja - wie es weitergeht? Wir sind natürlich in Berlin gemeldet. Und im Frühjahr 2010 vielleicht Kopenhagen?

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© berlin-runner Katrin